Kippenstummel auf Norddeutschlands Straßen? Hamburg erhöht Bußgeld auf 40 Euro

Wer künftig in Hamburg seine Zigarettenkippen achtlos wegwirft, muss doppelt so tief in die Tasche greifen wie bisher. Das Bußgeld wird von 20 Euro auf ab sofort 40 Euro erhöht, teilte die Hamburger Umweltbehörde am Montag mit. Die Behörde reagiert damit auf einen Vorstoß aus Eimsbüttel, wo die grün-schwarze Koalition sogar eine Erhöhung auf 90 Euro für das Wegwerfen von Zigarettenstummeln gefordert hatte.

Rund 9.000 Ordnungswidrigkeiten hat es laut Stadtreinigung 2020 in Zusammenhang mit weggeworfenen Kippenstummeln in Hamburg gegeben. In Städten wie Bremen haben, nach Angaben der Bremer Stadtreinigung, die Stummel einen Anteil von 30 bis 40 Prozent des gesamten Streumülls, also des Mülls, der achtlos auf der Straße landet.

Ein alltägliches Bild in Norddeutschlands Städten. Foto: Jens Kalaene

Eine Kippe verseucht bis zu 1.000 Liter Grundwasser

Auf die Straße geworfene Zigarettenkippen gehören zu den größten und alltäglichsten Umweltsünden unserer Zeit. Oftmals wissen Raucher:innen, die die Zigaretten „mal eben wegschnippen“ gar nicht, was die kleinen Stummel alles anrichten können.

Nach dem Abrauchen sammeln sich in den Zigarettenfiltern bis zu 4.000 Giftstoffe wie beispielsweise Nikotin, Arsen, Blei, Chrom, Kupfer, Formaldehyd, Benzol oder auch Schwermetalle wie Cadmium. Die Filter enthalten zudem jede Menge Mikroplastik. All das setzt sich in den Fugen des Pflasters fest oder gräbt sich in den Sand der norddeutschen Strände. Durch Regenwasser oder bei Flut gelangen Mikroplastik und giftige Substanzen in Erde und Gewässer. Nach Angaben verschiedener Umweltorganisationen, wie dem BUND und der Bremer Stadtreinigung, verunreinigt bereits eine Zigarette bis zu 1.000 Liter Grundwasser.

Eine Zigarettenkippe überdauert bis zu 15 Jahre

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden von den jährlich 5,6 Billionen gerauchten Zigaretten knapp vier Billionen Zigarettenstummel achtlos weggeworfen. Diese zersetzen sich im Laufe der Jahre und geben das Mikroplastik und die oben erwähnten Schadstoffe an die Umwelt ab. Die WHO spricht von 340 bis 680 Tonnen toxischem Sondermüll. Um das einmal in Relation zu bringen: Ein SUV wiegt etwa zwei Tonnen. Das wären also 170 bis 340 gestapelte SUV. Auch kaum vorstellbar, aber um das zu erreichen, muss mensch schon einige Zigarettenkippen türmen.

Eine Zigarette ist zwar in nur fünf Minuten geraucht, die Umwelt belastet sie aber noch jahrelang. Beispielsweise durch das stark wasserlösliche Nikotin. Zwei bis sechs Milligramm des Nervengifts gelangen pro Zigarette ins Regenwasser und das in nur 30 Sekunden. Denn in einer halben Minute ist das Nikotin schon aus dem Filter gespült und verbreitet sich auf Straßen, am Strand oder in Parks, so das Institut für Toxikologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Experimente der Uni Kiel haben gezeigt, dass vier Zigarettenkippen in einem Liter Wasser völlig ausreichen, um darin befindliche Fische nach kurzer Zeit zu töten. Laut BUND Schleswig-Holstein reicht bereits eine abgebrannte Zigarette in einem 25 Liter Aquarium, um Fische, die darin leben, zu lähmen. Die Gifte der Zigarette wirken sich so auf das Nervensystem der Tiere aus, dass diese nach wenigen Tagen sterben. Auf dem offenen Meer werden die Überreste der Zigaretten von Wasservögeln und anderen Tieren häufig mit Nahrung verwechselt. Diese sterben an den Folgen der Vergiftung, so Prof. Dr. Edmund Maser vom Institut für Toxikologie der Uni Kiel. 

Kippen-Wegschnipper werden zur Kasse gebeten. Foto: Pexels.com

Bis zu zu 100 Euro Bußgeld in Schleswig-Holstein

Wer die Kippe achtlos wegwirft, wird aber nicht nur in Hamburg zur Kasse gebeten. In Niedersachsen kostet eine weggeschnippte Zigarette 30 Euro, in Bremen, so wie bisher in Hamburg, 20 Euro. In Schleswig-Holstein ist das nicht einheitlich geregelt. Im Bußgeldkatalog heißt es beispielsweise, dass der unrechtmäßig entsorgte Inhalt eines Aschenbechers mit einer Geldstrafe von 10 Euro belegt wird. Städte wie Lübeck, Buchholz oder Flensburg haben hier aber ihre ganz eigenen Vorgaben. Diese reichen von 25 bis 100 Euro pro Glimmstengel. In Norderstedt werden derzeit Bußgelder für Kippen-Wegschnipper:innen von bis zu 250 Euro diskutiert.

Waste Watcher kontrollieren Kippen-Sünder

Und wer kontrolliert das? In Hamburg gibt es seit 2018 die Waste Watcher. Sie nennen sich „Sch(m)utzengel“ und kontrollieren für die Stadtreinigung die Müll-Hotspots Hamburgs. Anfangs haben die 30 Waste-Watcher nur Gelbe Karten verteilt. Seit Mai 2018 werden Müllsünder:innen in der Hansestadt jedoch zur Kasse gebeten. Ein Tipp der Waste Watcher für das Rauchen-to-go: Bonbondose aus Blech dabei haben. Darin kann mensch die Zigarette ohne Probleme ausdrücken und der improvisierte Aschenbecher kann später im Restmüll geleert werden.

Auch eine Alternative: der Aschenbecher für unterwegs. Foto: pexels.com

Andrea Eisele

Copy LinkCopy LinkShare on MessengerShare on Messenger
Zur Startseite