Noch keine Kiez-Party: St. Paulis Ärger über Schiedsrichter

St. Paulis Fans waren mit Schiedsrichter Florian Exner unzufrieden.  Christian Charisius/dpa
St. Paulis Fans waren mit Schiedsrichter Florian Exner unzufrieden. Christian Charisius/dpa

Hamburg (dpa) –

Der anstrengendste Teil von Alexander Blessins Arbeitstag begann nach dem Schlusspfiff. Der Trainer des FC St. Pauli musste sich nach dem 0:1 gegen den VfB Stuttgart zurückhalten, um nicht verbal über Schiedsrichter Florian Exner herzufallen. «Wir sind weit davon entfernt, jetzt irgendwie die Schuld beim Schiedsrichter zu suchen, aber natürlich beeinflusst dich das», sagte der 51-Jährige. 

Was Blessin und seine Spieler ärgerte, waren nicht allein die Gelb-Roten Karten gegen Verteidiger Siebe Van der Heyden in der 57. Minute und Torwart Nikola Vasilj in der Nachspielzeit. Die Hamburger beklagten auch, dass ihrer Ansicht nach der Unparteiische in vielen Szenen im Zweifelsfall gegen sie entschieden hatte. 

«Jedes Mal kriegen die einen Freistoß und wir halt nicht. Und das, das raubt schon Energie», meinte Blessin. Es gehe schließlich um Abstieg oder Nicht-Abstieg, betonte er. «Das sind echt viele kleine Aktionen, die leider nicht für uns gepfiffen worden sind. Das ist krank», sagte auch Noah Weißhaupt verärgert.

Das Spiel habe wenig Spaß gemacht deswegen, stellte Abwehrchef Hauke Wahl fest. «Das muss man wirklich sagen, weil man nicht das Gefühl hat, dass da jemand auf dem Feld ist, der in das Spiel Ruhe reinbringt, sondern eher extreme Hektik.»

Große Party-Vorfreude, große Ernüchterung

Dabei war alles angerichtet für den nächsten großen Rausch: Ein Remis hätte den Kiezkickern gereicht, um ein Jahr nach dem Aufstieg den So-gut-wie-Verbleib in der Fußball-Bundesliga vorzeitig zu feiern. Viele St. Paulis Fans sahen in Schiedsrichter Exner den verantwortlichen Partycrasher und machten dies bei seinem Abgang nach Spielende deutlich. 

Klar ist aber auch bei aller Schiedsrichter-Kritik: Die Niederlage war verdient, weil die Stuttgarter das bessere Team waren. Der FC St. Pauli war nur kämpferisch stark und hielt in Unterzahl fast eine halbe Stunde das 0:0. Dann traf Nick Woltemade (88. Minute) für den VfB, nachdem er den von Van der Heyden verursachten Handelfmeter in der 60. Minute noch verschossen hatte. «Das war nicht unser bestes Spiel», räumte auch Trainer Blessin ein. 

Vasiljs Platzverweis der Aufreger

Exners Entscheidungen waren nicht grundsätzlich falsch. Auch nicht die Platzverweise für Van der Heyden (57.) und Vasilj (90.+6). Van der Heyden hatte sich in einen Schuss geworfen und dabei im Strafraum den Ball mit der Hand berührt. Dass seine erste Gelbe Karte nach einem Foul zu hart war, wurde hingegen kritisiert.

Der an dem Nachmittag überragende Vasilj sah zunächst Gelb, weil er bei einem Eckball der Gäste immer wieder reklamierte, die Stuttgarter würden sich Zeit lassen. Auf diese Verwarnung reagierte er abfällig und zeigte einen Daumen hoch. Exner zückte daraufhin die zweite Gelbe Karte binnen weniger Sekunden. «Das ist echt ein starkes Stück», sagte Blessin. «Ich finde es einfach übertrieben.»

Noch immer beste Chancen auf den Klassenverbleib 

Trotz der Niederlage bleibt die Situation für den Kiezclub noch immer komfortabel. Der 1. FC Heidenheim auf dem Abstiegsrelegationsplatz 16. liegt zwei Spieltage vor dem Saisonende fünf Punkte hinter dem FC St. Pauli und hat die um 16 Treffer schlechtere Tordifferenz.

«Also von daher ist nicht viel passiert», sagte Blessin. Bitterer scheint da, dass in Van der Heyden, Vasilj und Elias Saad drei Profis in einer Woche in Frankfurt ausfallen. Der Stürmer hatte sich beim Aufwärmen an den Adduktoren verletzt und wird voraussichtlich nicht nur beim Spiel am kommenden Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) fehlen. «Was soll ich jetzt herumheulen», sagte Blessin. «Wir haben da genügend Qualität, das aufzufangen, wie wir es bisher immer geschafft haben.»

Blessin vertraut Vasilj-Ersatz Voll

Am schwersten wird es sein, Vasilj zu ersetzen. Der Bosnier hatte gegen den VfB Stuttgart nicht nur wegen des gehaltenen Elfmeters erneut eine Klasse-Leistung geboten. «Das tut weh, weil er einfach ein Top-Top-Top-Torhüter ist», sagte sein Trainer und stärkte zugleich dem zweiten Schlussmann Ben Voll den Rücken. «Ich sehe auch, was wir für einen zweiten Torhüter haben. Und das ist Ben, und der ist auch richtig, richtig gut. Deswegen ist mir da auch nicht angst und bange.»

© dpa-infocom, dpa:250504-930-496938/1

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