#NachbarschaftsChallenge: Wie Menschen in der Coronavirus-Krise auf andere Weise zusammenrücken

Das Coronavirus hat uns mittlerweile voll im Griff. Wo man hinsieht, wo man hinhört, gibt es kaum ein anderes Thema zurzeit. Und obwohl es nun besonders wichtig ist, die eigenen sozialen Kontakte auf ein Mindestmaß zu begrenzen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, ist es dennoch eine Zeit, in der die Menschen irgendwie zusammenrücken – wie diese Beispiele zeigen.

Foto: Pixabay

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil appellierte erst am gestrigen Sonntag an die Bürgerinnen und Bürger, sich gegenseitig zu helfen in diesen Zeiten: „Schauen Sie, wer in Ihrer Umgebung genau jetzt Unterstützung gebrauchen kann.“ Gerade mit dem Hashtag #NachbarschaftsChallenge reiht er sich in diverse Social-Media-Postings der vergangenen Tage ein – und es werden immer mehr.

#Nachbarschaftschallenge freut sich über Nachahmer

Angefangen hat wohl alles mit einer Politikwissenschaftlerin aus Österreich, die in häusliche Isolation kam und einen Tweet mit dem Aufruf zur Solidarität absetzte. Social-Media-Managerin Frederika Ferkova aus Wien sah diesen Tweet und fühlte sich nach eigenen Angaben dazu inspiriert, den Hashtag #NachbarschaftsChallenge ins Leben zu rufen.

Aushang für das Treppenhaus zum Ausdrucken und Hinhängen. Quelle: nebenan.de

Dann – wie so häufig auf Twitter – haben sich die Dinge verselbstständigt. Große Medienhäuser, Verlage, Radiosender oder Online-Nachbarschaftsplattformen bieten inzwischen Vorlagen zum Ausdrucken an und viele gestalten auch einfach eigene Zettel, die sie bei sich in den Treppenhäusern aufhängen.

„Quarantänehelden“ gesucht

Auch auf der Online-Plattform quarantänehelden.org sollen Menschen zusammenfinden, die sich gegenseitig unterstützen. Personen, die etwas benötigen, aber selbst ihr Zuhause oder ihren Quarantäne-Ort nicht verlassen dürfen, können auf der Seite eine Anfrage stellen. Als Besucher der Website kann man sich dann die Anfragen in der eigenen Nähe anzeigen lassen und diese beantworten. So werden beispielsweise Menschen gesucht, die mal mit dem Hund rausgehen, Einkäufe erledigen, aber auch soziale Kontakte oder Gesprächspartner werden benötigt. Denn auch das darf man nicht vergessen: Besonders ältere Menschen können sich in diesen Zeiten schnell isoliert oder ausgeschlossen fühlen und vereinsamen.

Nachbarschaftshilfe made in Lübeck

Ganz analog, im schleswig-holsteinischen Lübeck, hat die evangelische Kirchengemeinde des Stadtteils St. Jürgen ein Nachbarschaftsprojekt gestartet. Ehrenamtliche Jugendliche der Gemeinde, sogenannte Teamer, wollen dabei ebenfalls älteren Menschen oder anderen mit erhöhtem Risiko bei Einkäufen im Supermarkt oder der Apotheke helfen. Unter der Telefonnummer 0451 / 70 98 35 22 und der E-Mail-Adresse nachbarschaft@st-juergen.de können sich Menschen melden, die Hilfe in Anspruch nehmen möchten. 

Fünf Betroffene bloggen aus Hamburg

Näher zusammengerückt – wenn auch eher unfreiwillig – sind auch fünf Freunde aus Hamburg, die nun ebenfalls sehr auf Hilfe aus ihrem Umfeld angewiesen sind. Ein positiver Test auf das Coronavirus in ihrer WG hat dafür gesorgt, dass nun alle von ihnen für 14 Tage in häusliche Isolation müssen. Aus ihrer Not haben sie jedoch eine Tugend gemacht und nun geben sie auf ihrem Instagram-Account @diecoronawg Tipps, informieren, aber berichten vor allem unterhaltsam über ihren Quarantäne-Alltag.

Corona-Party? Nein, danke!

Aber Vorsicht, es gibt tatsächlich auch ein Zuviel der Nächstenliebe. Nur, weil Bars, Clubs oder Diskotheken nun geschlossen sind, macht es wenig Sinn, die Parties einfach in das heimische Wohnzimmer zu verlagern. Das sei im Sinne der Eindämmungsbestrebungen nicht sinnvoll, sagte RKI-Vizepräsident Lars Schaade am Montag in Berlin. „Ich sage das deshalb, weil es inzwischen offenbar bereits sogenannte Corona-Partys gibt, wenn die Clubs geschlossen wurden.“ Er appellierte: „Bitte tun Sie das nicht. Bleiben Sie möglichst zu Hause, und schränken Sie ihr Gesellschaftsleben so weit wie möglich ein.“

Hamburger Single-Frauen aufgepasst

Ganz wichtig, auch in diesen Zeiten: Bitte nicht den Humor vergessen. Und Not macht bekanntlich erfinderisch. „Ihr seid Single und kommt demnächst in Quarantäne bzw. arbeitet nur noch aus dem Homeoffice und fühlt euch einsam ohne Mann?“, beginnt ein wohl nicht ganz ernst gemeintes Inserat (Echtheit konnte bis jetzt nicht verifiziert werden). Dann könne man den nach eigenen Angaben coronafreien, ganz okay aussehenden („In Krisenzeiten muss man halt nehmen was da ist“) und Ende 20 Jahre alten Mann, der die Annonce aufgegeben hat, für diverse Leistungen buchen: zum Lieblingsserie gucken („außer Sex and the City… es gibt Grenzen“), zum Lieblingsnudeln essen oder zur Verteidigung vor wild gewordenen Nachbarn, die es auf Klopapier abgesehen haben (denn wir wissen alle: Toilettenpapier ist momentan Gold wert).

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Entschleunigung als Chance sehen

Abschließend bleibt nur zu sagen: Wenn Sie sich krank fühlen, bleiben Sie bitte zu Hause. Sie fühlen sich gesund? Bitte bleiben Sie trotzdem zu Hause – so oft es geht. Ja, unser Leben wird gerade einige Gänge heruntergeschaltet, aber das ist auch unsere Chance, die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Damit es trotzdem nicht zu seelischen Problemen in den eigenen vier Wänden kommt, rät das Robert Koch-Institut: „Bleiben Sie mit Freunden und Familienangehörigen über Telefon, Internet oder andere Medien in Verbindung“. Zur Not könne man auch telefonische Hilfsangebote wie z.B. das Seelsorgetelefon oder Krisendienste nutzen. Und: „Nutzen Sie auch in der häuslichen Quarantäne Ihre Möglichkeiten, Sport zu treiben. So bleiben Sie fit und können negativen Stress abbauen.“

Also: Seien Sie für einander da und bleiben Sie gesund! Und wie sagte bereits Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Montag: „Unsere Selbstbeschränkung heute kann morgen Leben retten.“

Gloria Saggau

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