Oldenburg (dpa) –
Ein junger Mann ist in der Nacht zu Ostersonntag von Schüssen eines Polizisten in Oldenburg tödlich verletzt worden. Der 21-Jährige hatte zuvor vor einer Diskothek Reizgas versprüht und mehrere Menschen leicht verletzt. Daraufhin flüchtete der Angreifer. Als Streifenpolizisten ihn stellen wollten, ging er nach Polizeiangaben bedrohlich auf die Beamten zu und sprühte Reizgas in ihre Richtung.
Ein 27-jähriger Polizist habe von seiner Schusswaffe Gebrauch gemacht, teilte die Polizei Delmenhorst mit. Den Angaben zufolge wurde der Angreifer mehrfach getroffen und lebensgefährlich verletzt, er starb im Krankenhaus. Der Polizist sei durch das Reizgas verletzt worden.
Am nächsten Morgen sind am Ort der Schussabgabe in der Fußgängerzone noch Blutspuren auf dem Kopfsteinpflaster zu sehen. Noch am Ostersonntag legen Freunde des Getöteten dort Blumen nieder und zünden Kerzen an. Auch ein Foto des 21-Jährigen wird aufgestellt.
Handelte der 27 Jahre alte Polizist in Notwehr?
Gegen den 27 Jahre alten Polizisten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Totschlags eingeleitet. Dies sei in solchen Fällen Usus, sagte ein Polizeisprecher. Es gehe darum, ob die Verhältnismäßigkeit gewahrt worden sei. Für den Einsatz der Schusswaffe gibt es klare gesetzliche Vorgaben. Sie dürfen in einer Notwehr- oder Nothilfesituation gebraucht werden.
Das Verfahren wird von der Staatsanwaltschaft Oldenburg geführt. Aus Neutralitätsgründen ermitteln nicht Oldenburger Polizisten, sondern eine andere Polizeiinspektion, in diesem Fall Delmenhorst.
Wie viele Schüsse am frühen Ostersonntag gegen 2.40 Uhr gefallen sind, teilte die Polizei zunächst nicht mit. Dazu würden unter anderem noch Zeugen befragt, hieß es. Unklar blieb auch, in welche Körperregionen der 21-Jährige getroffen wurde. «Die Ermittlungen laufen, aus ermittlungstaktischen Gründen können wir keine Details preisgeben», sagte eine Polizeisprecherin am Ostermontag.
So viel ist zu dem Ablauf des Geschehens bekannt: Dem 21-Jährigen soll der Zutritt zu dem Club verwehrt worden sein. Daraufhin soll er das Reizgas in Richtung von zwei Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes versprüht haben. Nach Polizeiangaben wurden diese beiden Security-Leute verletzt, ebenso wie zwei weitere Menschen vor dem Lokal. Insgesamt gebe es fünf Verletzte, darunter auch der 27-jährige Polizist, der geschossen habe.
Der Angreifer sei geflüchtet, mehrere Menschen hätten ihn verfolgt. Diese hätten die Verfolgung abgebrochen, weil der 21-Jährige mit einem Messer gedroht haben soll. Die Ermittler schweigen derzeit dazu, ob tatsächlich ein Messer gefunden wurde.
Polizisten sprachen den Flüchtenden in der Innenstadt an, doch er rannte davon. In der Achternstraße traf der 21-Jährige dann auf die Besatzung eines weiteren Streifenwagens. Er soll bedrohlich auf die Beamten zugegangen und habe wieder Reizgas versprüht haben. Daraufhin fielen die Schüsse.
22 Menschen 2024 von Polizisten im Einsatz erschossen
Die Leiche des Getöteten wird nun von Rechtsmedizinern obduziert. Mit Ermittlungsergebnissen ist der Polizeisprecherin zufolge frühestens am Dienstag zu rechnen.
Im Jahr 2024 wurden laut einer Dokumentation der Zeitschrift «Bürgerrechte & Polizei» zufolge in Deutschland 22 Menschen von Polizisten im Einsatz erschossen – so viele wie seit über vier Jahrzehnten nicht mehr.
© dpa-infocom, dpa:250421-930-455408/1