Kiel (dpa/lno) –
Der Fund einer Fliegerbombe im Kieler Stadtteil Dietrichsdorf war für den Entschärfer etwas Besonderes: Denn der Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes, Mirko Haack, entschärfte am Nachmittag seine erste britische Bombe händisch. «Der Zünder ließ sich super gut rausschrauben und die Zündkette gut voneinander trennen», sagte er nach Beendigung der Maßnahmen vor Ort.
Bei der Entschärfung habe es keine Probleme gegeben. Der Zünder sei im Januar 1945 gefertigt worden und die Bombe vermutlich bei einem der letzten Angriffe auf Kiel gefallen. Nun wird sich Haack nach eigenen Angaben den Zünder aufbereiten und in eine Vitrine packen.
Nach Angaben des Leiters des schleswig-holsteinischen Kampfmittelräumdienstes, Oliver Kinast, handelte es sich bei der Bombe um eine Fünf-Zentner-Fliegerbombe aus Großbritannien. Sie lag in zwei Metern Tiefe. «Das sorgt normalerweise dafür, dass sie halt im Regenwasser und so mehr ausgesetzt sind und dass sie dann auch stark korrodiert sind», sagte er. Dafür sei sie in einem sehr guten Zustand gewesen.
Menschen werden in Sicherheit gebracht
Bis 12.00 Uhr mussten den Angaben nach etwa 11.670 Menschen ihre Wohnungen oder Arbeitsstätten verlassen. Betroffen waren rund 6.570 Haushalte sowie mehrere Pflegeheime. Am Morgen wurden von der Feuerwehr zunächst die zwei betroffenen Heime geräumt und Menschen, die sich über das Bürgertelefon gemeldet hatten, in Sicherheit gebracht.
Wegen der noch andauernden Osterferien sind die Schulen in dem Bereich ohnehin geschlossen. Für Anwohnerinnen und Anwohner, die nicht anderweitig unterkommen konnten, stand die Ellerbeker Schule als Ersatzunterkunft bereit. Mindestens in den vergangenen zehn Jahren habe es keine vergleichbare Aktion gegeben.
Nach dem Entschärfen der Bombe können die Menschen wieder zurück in ihre Wohnungen und Pflegeheime.
Sperrgebiet von etwa 1.000 Metern
Der 250 Kilogramm schwere Blindgänger war vor Ostern bei Sondierungsarbeiten auf einer Verdachtsfläche in der Nähe der Johannisburger Straße gefunden worden. Aufgrund der Lage wurde nach Polizeiangaben ein Sperrgebiet von etwa 1.000 Metern festgelegt. Die Polizei hatte Straßensperren eingerichtet.
Die durch den Bereich verlaufende Bundesstraße 502 und der Heikendorfer Weg bis zum Ostuferhafen bleiben den Angaben nach aber befahrbar. Es sei jedoch verboten, aus dem Fahrzeug auszusteigen oder sich länger in dem Bereich aufzuhalten.
Weltkriegshinterlassenschaft
Kiel war als Marine-, Werft- und Industriestandort während des Zweiten Weltkriegs ein häufiges Bombenziel. Nach früheren Angaben der Stadt fielen bei 90 Luftangriffen 44.000 Sprengbomben, 900 Minenbomben und rund 500.000 Brandbomben.
Der Leiter des schleswig-holsteinischen Kampfmittelräumdienstes, Oliver Kinast, geht nach früheren Angaben von einer Blindgänger-Quote zwischen 10 und 15 Prozent aus. Der Großteil der Munitionsaltlasten an Land ist demnach mittlerweile unschädlich gemacht worden. Wie viele der gefährlichen Hinterlassenschaften aber noch im Boden liegen, ist unklar.
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