Kiel (dpa/lno) –
Ein großer Naturschutzverband klagt gegen den Weiterbau der Küstenautobahn A20 in Schleswig-Holstein, ein anderer verzichtet auf rechtliche Schritte gegen die neue Planung für eine Umfahrung von Bad Segeberg. Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen setzt auf einen raschen Start der Arbeiten. «Nach meinen ersten Treffen mit den Verbandsvertretern habe ich das Gefühl gewonnen, dass es auch den Naturschützern nicht um eine ideologisch motivierte Verhinderung der Autobahn geht», sagte der CDU-Politiker.
Der Umweltverband BUND will vor dem Bundesverwaltungsgericht klagen. Er sieht die arten- und habitatschutzrechtlichen Belange nur unzureichend berücksichtigt, hält die Prüfung von Alternativen für nicht ausreichend und will neue baurechtliche Verfahrensfehler ausgemacht haben. «Wir wollen auf außergerichtlichem Wege Gespräche aufnehmen», sagte der Landesvorsitzende Dietmar Ulbrich.
Verhandlungen über Nachbesserungen
Trotz bedenken verzichtet der Umweltschutzverband Nabu dagegen auf eine Klage. «Die massive Umwelt- und Klimaschädlichkeit der A20 bleibt unbestritten», sagte der Landesvorsitzende Alexander Schwarzlose. «Daran ändern auch die nun vorgesehenen Schutz- und die Ausgleichsmaßnahmen nichts grundlegend.» So seien die Querungshilfen für Fledermäuse teils an ungeeigneten Stellen geplant und an notwendigen Punkten fehlten sie. Daneben gefährdet die Planung gleich mehrere Kalktuffquellen – besonders schützenswerte und seltene Biotope.
Allerdings sei der vorliegende Beschluss weniger umweltschädlich als die frühere Planung für den Segeberger Abschnitt. «An mehreren Stellen erscheint noch immer fragwürdig, inwieweit die Planung im Einklang mit den Vorschriften des Umweltrechts steht», teilte der Verband mit.
Klare und eindeutige Verstöße gegen Rechtsvorschriften könne der Nabu jedoch nicht mehr erkennen. «Wir vertrauen darauf, dass Verkehrsminister Madsen zu seinem Wort steht und auch ohne Klage mit uns über naturschutzfachlich gebotene Nachbesserungen verhandelt», sagte Schwarzlose.
Außergerichtliche Lösung bis November?
Vorbereitungsarbeiten für die Südumfahrung von Bad Segeberg könnten noch dieses Jahr beginnen, weil der BUND auf den sogenannten Eilrechtsschutz verzichte, erklärte das Ministerium. «Das heißt, dass der Planfeststellungsbeschluss für den zehn Kilometer langen Segeberg-Abschnitt sofort vollziehbar ist, wenn keine anderweitigen Klagen gegen den Sofortvollzug eingehen», sagte Madsen. «Da die Klagefrist für potenzielle weitere Kläger aber erst Ende Mai endet, werden wir auch erst dann letzte und vollständige Gewissheit haben.»
Bis November wollen der BUND, die Infrastrukturgesellschaft Deges, die Autobahngesellschaft des Bundes und das Land eine außergerichtliche Lösung erreichen. Bis dahin verzichten die Autobahn GmbH und die Deges auf Baumaßnahmen – mit Ausnahme sogenannter artenschutzrechtlicher Vorabmaßnahmen, sagte Madsen. Beide Seiten seien bemüht, einen Kompromiss zu finden, der dem Fledermausschutz und der seit Jahrzehnten überstrapazierten Geduld der Menschen in und um Bad Segeberg Rechnung trage.
Weiterbau 2013 gestoppt
Seit mehr als zehn Jahren endet die Küstenautobahn östlich von Bad Segeberg. 2013 stoppte das Bundesverwaltungsgericht den Weiterbau. Die Richter sahen den Fledermausschutz als nicht ausreichend beachtet an. Die Segeberger Kalkberghöhlen gelten als größtes Fledermaus-Überwinterungsquartier Deutschlands. Mitte März erließ das Amt für Planfeststellung aber Baurecht für die zehn Kilometer lange Umfahrung von Bad Segeberg.
Als Folge des Urteils sollen für die Tiere Tunnel oder Leitstrukturen wie Schutzwände entstehen, damit die Fledermäuse nicht mit Lastwagen kollidieren. Ein Zehntel der erwarteten Baukosten von 465 Millionen Euro für den Bauabschnitt hängen laut Deges mit Naturschutzbelangen zusammen.
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