Zwei Jahre Bremer Senat – Streit, Sparkurs und Kompromisse

Der Bremer Senat zieht nach zwei Jahren im Amt eine positive Bilanz. Sina Schuldt/dpa
Der Bremer Senat zieht nach zwei Jahren im Amt eine positive Bilanz. Sina Schuldt/dpa

Bremen (dpa/lni) –

Trotz Wirtschaftsflaute, klammer Kassen und parteipolitischer Konflikte zieht die Bremer Regierung nach zwei Jahren im Amt eine positive Bilanz. «In schwierigen Zeiten halten wir Kurs und haben Bremen und Bremerhaven stabilisiert», resümiert Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD). 

Die rot-grün-rote Regierung stehe vor großen Herausforderungen, sagte Bovenschulte. Die Bremer Wirtschaft sei in den vergangenen fünf Jahren nur minimal gewachsen, die Arbeitslosenquote sei zuletzt um ein Prozent gestiegen und immer mehr Menschen – überwiegend aus einkommensschwachen Schichten – ziehen in das kleinste Bundesland. «Wir haben natürlich viel zu tun.» 

Auch innerhalb der rot-grün-roten Regierung gebe es Konflikte. «Es gibt auch mal ein bisschen Stress», räumt Bovenschulte ein und reagiert damit auf Kritik der Opposition, die dem Senat Zerstrittenheit und Führungsschwäche vorwirft. Doch am Ende habe die rot-grün-rote Regierung immer einen Kompromiss gefunden. «Das war in der Vergangenheit so und das wird auch in den nächsten zwei Jahren so sein.» Eine Bilanz zur Halbzeit der Bremer Koalition:

Bildung und Betreuung als Schwerpunkt der Koalition

Die Koalition wird laut Vertrag «dafür Sorge tragen, dass jedes Kind einen Kita-Platz bekommt». Spätestens nächstes Jahr soll es so weit sein: Obwohl immer mehr Kinder in Bremen wohnen, wird das Bundesland den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz erfüllen können. «Das ist eine große Leistung und da wollen wir natürlich daran anknüpfen», sagte Bovenschulte. 

Der Senat ließ 14 neue Kitas und neun neue Schulen bauen. Es mangelt jedoch an Personal, nach Berechnungen des Bildungsressorts fehlen bis 2030 voraussichtlich 1.500 Fachkräfte. Die Regierung senkt deshalb den Standard für die Betreuung, setzt auf Quereinsteiger und möchte ausländische Abschlüsse leichter anerkennen. 

Doch es hagelt Kritik, nicht nur von der Opposition. Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) musste sich einem Misstrauensvotum stellen. Und bei Bildungsstudien schneidet das Land traditionell schlecht ab. «Jeder dritte Viertklässler kann nicht richtig lesen, Sprachförderbedarf ist die Regel, nicht die Ausnahme und jedes zehnte Kind verlässt die Schule ohne Abschluss», kritisiert CDU-Chef und Oppositionsführer Heiko Strohmann. 

Krise in der Wirtschaft und Investitionsstau bei den Häfen

Trumps Zölle, Wirtschaftsflaute und steigende Energiekosten sorgen auch in Bremen für Verunsicherung. «In dieser schwierigen Lage hat Bremen bewusst auf Zukunftsinvestitionen gesetzt: in klimafreundliche Technologien, die Modernisierung unserer Häfen, neue Gewerbeflächen für die industrielle Transformation und den Aufbau innovativer Netzwerke aus Bereichen wie Raumfahrt, Wasserstoffwirtschaft sowie Künstlicher Intelligenz und autonomen Systemen», betont Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke).

Die Linken-Politikerin hofft auf Unterstützung durch die neue Bundesregierung. Raumfahrt und Verteidigung sollen gefördert werden und Hafeninfrastruktur wird zur nationalen Aufgabe. Doch es wird einige Zeit dauern, bis über die Verteilung der Gelder entschieden wird und die ersten Projekte umgesetzt werden. «Auf dem Papier gibt es ganz viel Geld, aber konkret gibt es das in den nächsten ein, zwei Jahren nicht», befürchtet Vogt. 

Kriminalität am Hauptbahnhof und überlastete Polizei

Die Straftaten am Hauptbahnhof seien im vergangenen Jahr um 15 Prozent zurückgegangen, heißt es weiter. Seit Mai ist Alkohol am Bahnhof verboten, auch die Waffenverbotszonen wurden ausgeweitet. Die Polizei soll entlastet werden. Die Koalition geht nach eigenen Angaben davon aus, bis Herbst 2028 3.100 Stellen für Polizistinnen und Polizisten in Bremen zu erreichen.

Auch im Kampf gegen Glückspiel sieht die Bremer Regierung Erfolge: Neue Abstandsregelungen und verstärkte Kontrollen führen dazu, dass diverse Standorte geschlossen wurden. 

Bau, Klimaschutz und knappe Kassen

Bremen war 2024 das einzige Bundesland mit einer steigenden Zahl von Baugenehmigungen. In den nächsten Jahren soll günstiges Wohnen weiter vorangetrieben werden, verspricht der Senat. Der Solarausbau auf öffentlichen Gebäuden schreite voran, die maroden Brücken werden saniert und das Land verabschiedete sich vom Kohlestrom. «Das spart Tausende Tonnen CO2», sagte Finanzsenator Björn Fecker (Grüne).

Der finanzielle Spielraum für weitere Projekte ist allerdings eng. Das seit Jahren hoch verschuldete Bundesland beendete erst die Notlagenfinanzierung und legte sich selbst ein Sanierungsprogramm für den Haushalt auf. «Mir ist vollkommen bewusst: Das ist jetzt ein sehr steiniger Weg», sagte Fecker. Es sei nun die Aufgabe des Senats, in den kommenden zwei Jahren pragmatische Lösungen zu finden und Prioritäten zu setzen.

© dpa-infocom, dpa:250513-930-538820/1

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